Samstag, 31. Dezember 2011

Der CHILERON-Jahresrückblick 2010/2011: Von Meerschwein-Menüs und Eisbergen im Wodkaglas

Jede Reise hat irgendwann ein Ende.
Zugfriedhof von Uyuni, Bolivien.
An den entlegensten Orten, auf knapp 6000 Metern Höhe und in der südlichsten Stadt der Welt haben wir Grenzen überschritten. Wir sind auf einen qualmenden Vulkan hinauf und in die gefährlichste Mine der Welt hinab gestiegen. Sind über das Wasser gelaufen und haben in der trockensten Wüste das Salz unter unseren Füßen knirschen gehört. Im Atlantik und im Pazifik sind wir abgetaucht, haben in kochend heißen Quellen gebadet und uns schwerelos auf Salzseen treiben lassen. Wir haben Neuschnee bei 30 Grad vom Himmel fallen und Eisberge in Wodkagläsern schwimmen gesehen.



Mehr als 30-stündige Busfahrten haben wir überlebt, der Höhenkrankheit im bolivianischen Hochland getrotzt und frostigen Nächten in Lehmhütten auf dem Titicacasee. Wir haben den breitesten Fluss der Welt unter dem klarsten Sternenhimmel in einem Bus überquert. Wir sind Diego Maradonas Double begegnet. Und Margot Honeckers Original.


Argentinische Rindsteaks, peruanische Meerschweine, atacamaische Lama-Spieße und deutschen Erdbeerkuchen haben wir verspeist, Fußballstadien in drei Nationen besucht, fünf Länder durchquert, dabei 50 Biersorten probiert, mehr als 10.000 Kilometer zurückgelegt, 15.000 Fotos geschossen und an Silvester keine einzige Rakete zu Gesicht bekommen.


Vor einem Jahr, im Dezember 2010, sind wir zu unserer zehnwöchigen Reise durch den Süden Südamerikas aufgebrochen, einen Rucksack-Trip durch Chile, Argentinien, Uruguay, Bolivien und Peru. Heute gibt es nun den etwas anderen CHILERON-Jahresrückblick: die Top Ten der schönsten Orte, Erlebnisse, und Bilder aus einem Erdteil, der keine Grenzen kennt…

Sudamérica - tierra sin frontera.

1.) Vulkan Villarrica (Chile) – Der König der Krater

Schwefelqualm dampft bis unter die Skibrille, der Eispickel bohrt sich in den gefrorenen Schnee. Ein dreistündiger Marsch auf den Kraterrand eines der aktivsten Vulkane der Welt raubt in jeder Hinsicht den Atem. Wer einmal in den Lavaschlund geblickt und anschließend aus knapp 3000 Metern Höhe auf einem Gummischlitten hinunter ins Tal gerutscht ist, wird den Namen Villarrica und das beißende Bouquet in der Nase nie wieder vergessen.

2.) Potosí (Bolivien) – Coca, Schnaps und Pachamama

Hoch oben, auf dem Dach der bolivianischen Anden, wird seit 1545 nach Silber geschürft. Millionen Bolivianos sind seitdem in der Mine des Cerro Rico umgekommen. Nur mit Cocablättern, hochprozentigem Destillat und Pachamamas Beistand lässt sich die Arbeit hier ertragen. Wer dieses dunkle, lebensfeindliche Loch je betreten hat, wird davon noch seinen Enkeln erzählen. Oder niemandem mehr.

3.) Machu Picchu (Peru) – Zeitreise über den Wolken

Unheimlich erhebt sich die Festung der Inkas über den reißenden Fluten des Urubamba. Fast senkrecht ragt der Fels in den Himmel, dem Machu Picchu näher zu sein scheint, als dem hunderte Meter tiefer gelegenen Tal in Zentralperu. 500 Jahre nach ihrer Fertigstellung und 100 Jahre nach ihrer Entdeckung, ist der Besuch der von Lamas bevölkerten Gipfelterrassen für uns wie die Reise auf einen anderen Planeten. Woran ein kross gebackenes Meerschweinchen-Menü und peruanische Antibiotika nicht ganz unschuldig sind.

4.) Atacama (Chile) – Mehr als eine Wüste


Trockener gehts nicht. Nirgendwo auf der Welt fällt so wenig Regen wie hier – keiner. Die Atacama-Wüste in Nordchile fasziniert durch die Einmaligkeit ihrer Landschaften. In gespenstische Stille gehüllte Salzebenen, urzeitlich anmutende Mondgebirge und Dampffontänen spuckende Hochland-Geysirfelder. Von San Pedro de Atacama, einem Dorf aus dem vorvergangenen Jahrhundert, wartet in jede Himmelsrichtung eine neue Überraschung. Auch illegale Wüstenpartys in völliger Dunkelheit der Nacht. 

5.) Ushuaia (Argentinien) – Endstation Feuerland

Hinter Ushuaia kommt nur noch eiskaltes Meer. Und dann die Antarktis. Mehr als 50 Stunden Busfahrt durch die unendliche argentinische Pampa sind es von Buenos Aires bis hierhin. Und nicht nur an Silvester gibt die südlichste Stadt der Welt auf Feuerland eine merkwürdige Szenerie mit surrealen Sonnenuntergängen ab. La tierra del fuego macht ihrem Namen alle Ehre. Mehr als einmal im Leben verliert sich wohl kaum ein Mensch hierhin.

6.) Salzwüste von Uyuni (Bolivien) – Im Himmelsspiegel

Am Ende einer dreitägigen Jeepfahrt von San Pedro durch das mehr als 5000 Meter hohe bolivianische Altiplano werden die von Höhenkrankheit und Cocablättern betäubten Sinne von endloser Einöde geblendet. Nichts als weißes Salz wohin das Auge reicht. Die Salar de Uyuni stellt die Wahrnehmung auf den Kopf, lässt Perspektiven verschwimmen – und verwandelt sich in der Regenzeit bei Überflutung zum größten Spiegel der Welt. Da passt selbst der Himmel hinein.

7.) Torres del Paine (Chile) – Patagonisches Trekker-Mekka

Patagonien klingt nach Abenteuer und rauer Wildnis. Im Nationalpark Torres del Paine im Süden Chiles, dem berühmtesten Südamerikas, können Trekker genau das erleben: tagelang auf einem W-förmigen Wanderweg marschieren, bei Wind und Wetter an Gletscherseen campieren und irgendwann den drei schroff aufragenden Himmels-Türmen aus Granit gegenüber stehen. Zur Belohnung darf das Wodkaglas mit chilenischen Eisberg-Brocken gefüllt werden. Wenn sie der Sturm nicht wieder samt Getränk herausweht.

8.) La Boca (Argentinien) – Ein Idol, ein Viertel, ein Verein

An jeder Ecke lebt seine Legende. Sie leuchtet an Häuserwänden, winkt vom Balkon und steht im ausgewaschenen hellblauen Trikot in der Tür einer Kneipe. Wo Diego Maradona in Buenos Aires das Fußballspielen lernte, weht bis heute sein Geist durch die Straßen. Ein Stadtviertel, das für einen Club lebt, wie kein anderes auf der Welt: Boca Juniors, La Bombonera, der Wahnsinn.

9.) Montevideo (Uruguay) – Die gechillte Hauptstadt

Goldgelbe Sandstrände, blauer Himmel, Mate-Tee und feurige Asados: Montevideo ist die entspannteste Metropole Südamerikas. Das lockerleichte Lebensgefühl der uruguayischen Hauptstadt könnte man als langweilig missinterpretieren – auch lateinamerikanische Leidenschaft sucht man hier vergeblich. Ein Sprung in den Rio de la Plata, ein Rindsteak vom offenen Feuer und ein Zug an der Bombilla genügen, um sich vom Gegenteil zu überzeugen.
 
10.) Valparaíso (Chile) – Das unperfekte Paradies

Ein regenbogenfarbenes Häusermeer ergießt sich über 27 Hügel. Valparaíso ist die chilenische Perle am Pazifik, Spielwiese für Lebenskünstler und Zuflucht für Aussteiger, chaotische Hafenmetropole und Stadt der kaputten Wahrzeichen. Von den 15 weltberühmten Kabinen-Aufzügen funktionieren nur noch wenige, trotzdem ist Valpo die spannendste Stadt des Kontinents. Ein Paradiestal aus Gold, mit Furchen und Kratzern. Wiederkommen, immer wieder, genau hierher.

P.S: Nicht jeder Song schafft es aufs Album, nicht jedes Foto in den Blog. Deshalb gibt es hier eine Auswahl der schönsten B-Seiten aus dem Fotoalbum der Reise.

1 Kommentar:

  1. vielen Dank deiner schönen Worte und der irren Bilder die ihr auf euerm Reis-chen (riesige Weiten) . Montevideo will ich mir jedenfalls merken, aber auch Valpo machte mir ne schöne Sehenslust! Bild 1 und 10 find ich auch super. !Vielen Dank also nochmals und alles Gute euch!

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